Lungenentzündungen sind mit einem Anteil von 26 % die häufigste im Krankenhaus erworbene Infektion in Europa – und sind mit einer erhöhten Sterblichkeit verbunden.
Ein multidisziplinärer Ansatz, der Ärzte, Pflegepersonal, Atemtherapeuten und Physiotherapeuten umfasst, ist entscheidend, um den Patient*innen die bestmögliche Betreuung zu bieten und ihre Genesung zu fördern. Dabei sind auch Vorsichtsmaßnahmen seitens der Patient*innen, der Angehörigen und Besucher – wie etwa strikte Händehygiene, eine konsequente Mundhygiene (vor allem bei beatmeten Patienten), eine möglichst frühzeitige Mobilisation, ein aktueller Impfschutz (v.a. gegen Influenza, Pneumokokken) sowie eine ausgewogene Ernährung und Flüssigkeitszufuhr – besonders hilfreich, um das Risiko einer nosokomialen Pneumonie wesentlich zu verringern.
Um die Erkrankung bei Betroffenen schneller zu erkennen und wesentlich besser behandeln zu können, gibt die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) jetzt ein rund 100 Seiten umfassendes Update der S3-Leitlinie „Epidemiologie, Diagnostik und Therapie erwachsener Patienten mit nosokomialer Pneumonie“ heraus. Das Papier bündelt neueste Forschungsergebnisse – beispielsweise über Veränderungen bei Krankheitserregern wie Antibiotikaresistenzen – und macht aktuelle Behandlungsempfehlungen für die klinische Praxis zugänglich.
Expert*innen von elf weiteren Fachgesellschaften und Institutionen haben unter Federführung der DGP die Aktualisierung erstellt. „Dieses Leitlinien-Update ist eine wichtige Ressource für medizinische Fachkräfte, um nosokomiale Pneumonien zeitgemäßer und noch effektiver zu behandeln“, würdigt DGP-Präsident Prof. Wolfram Windisch diese wichtige Gemeinschaftsarbeit.
Abb.: >DGP, S3-LL (020/013) Epidemiologie, Diagnostik und Therapie erwachsener Patienten mit nosokomialer Pneumonie , Update 2023 (Folie 8)
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Eingearbeitete Neuigkeiten bei der Diagnostik von Krankenhaus-Pneumonien betreffen ganz verschiedene Bereiche. „So wird dazu Stellung bezogen, dass eine bakterielle Multiplex-Polymerase-Kettenreaktion – kurz PCR –, eine gezielte Vervielfältigung von DNA-Sequenzen, nicht routinemäßig eingesetzt werden sollte, weil dafür keine ausreichende Evidenz besteht“, erklärt die Leitlinien-Koordinatorin Privatdozentin Dr. Jessica Rademacher, Fachärztin für Innere Medizin, Pneumologie und Infektiologie an der Medizinischen Hochschule Hannover. „Neu ist etwa auch eine Empfehlung, wie die Diagnostik speziell bei Intensiv-Patient*innen mit Risiko für eine invasive Aspergillose – einer Pilz-Infektion – aussehen sollte.“
Umgang mit Antibiotika, Hilfe bei der Behandlung, Empfehlungen zur Inhalation – und Materialien zur Weiterbildung
Auch im Therapie-Kapitel der Pneumonie-Leitlinie gibt es viele wichtige Überarbeitungen. Ein Beispiel ist die Empfehlung, dass eine antibiotische Kombinationstherapie nur bei Patientinnen und Patienten mit erhöhtem Risiko für multiresistente Erreger und septischem Schock empfohlen wird. Auch wird beispielsweise geraten, dass inhalative Antibiotika-Therapie nicht routinemäßig durchgeführt werden sollte – aber beim Vorliegen multiresistenter gramnegativer Erreger, die gegen andere Substanzen resistent sind, erwogen werden kann.
In Bezug auf das Vorgehen bei Re-Evaluation, wenn also bisherige Therapien nicht anschlagen, hält ein neues Kapitel nun Hilfestellungen bereit und zeigt auf, wie in dieser Situation verfahren werden sollte. Hinzugefügt wurde auch ein neues Kapitel, in dem es um „Antibiotic Stewardship“, also dem rationalen Umgang mit Antibiotika, geht.
Als zusätzliche Dokumente wurden der überarbeiteten Leitlinie Empfehlungen zur korrekten Inhalation von Antibiotika auf der Intensivstation, Präsentationsfolien zum Einsatz in Lehrveranstaltungen und Weiterbildungen sowie eine Kurzfassung in deutscher und englischer Sprache zugefügt.
Patientenvertreter eingebunden
„Ein formelles Novum bei dieser Überarbeitung ist, dass wir für die Evidenzbewertung eine professionelle Methodologin eingesetzt haben. Sie hat die Literaturrecherche und eine Evidenzbewertung analog einer Metaanalyse durchgeführt und ihre Ergebnisse dann den Leitlinien-Autorinnen und – Autoren vorgestellt. Auf dieser Basis haben wir die Hälfte der Empfehlungen entwickelt“, erklärt Jessica Rademacher. Besonders ist auch, dass ein Patientenvertreter aus einer Selbsthilfegruppe bei der Leitlinien-Erstellung mit involviert war, der nochmal eine weitere Perspektive in die Erstellung unserer Arbeit einfließen lassen konnte.
Rund anderthalb Jahre hat das Autorenteam an der umfassenden Überarbeitung geschrieben. Finanziell gefördert wird das Leitlinien-Update vom Innovationsfond des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA).