Im Krankenhaus-Report 2024 – Schwerpunkt: „Strukturreform“ – werden anhaltende Qualitäts- und Strukturprobleme in der deutschen Krankenhauslandschaft analysiert. Der Report ist Open Access oder als Buch erhältlich.
Eine aktuelle Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zeigt, dass 2022 in insgesamt 95 an der Brustkrebs-Versorgung beteiligten Krankenhäusern (18 %) weniger als 25 Brustkrebsfälle operiert wurden. „Das bedeutet, dass etwa alle zwei Wochen ein solcher Eingriff stattfand. Bei solch niedrigen Fallzahlen kann man nicht davon ausgehen, dass es in diesen Kliniken ein routiniertes Behandlungsteam oder gar eine eingespielte Prozesskette gibt“, erläuterte Christian Günster vom WIdO.
Zu geringe OP-Fallzahlen – fehlende Zertifizierung
Laut der Auswertung verfügten 2022 zudem 40 Prozent der an der Versorgung von Brustkrebs-Fällen beteiligten deutschen Kliniken nicht über ein Zertifikat der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) oder über eine vergleichbare Zertifizierung.
Trotz eines zuletzt erkennbaren Konzentrationsprozesses bei Brustkrebs-OP müsse dieser Prozess gerade bei den Krebsbehandlungen dringend beschleunigt werden, fordert Günster – denn: „Wwenn wir im bisherigen Tempo weitermachen, würde es 20 Jahre dauern, bis alle Patientinnen und Patienten mit Krebs in zertifizierten Zentren behandelt werden.“
Qualitätsprobleme auch in der Notfallversorgung
So zeigt eine aktuelle Auswertung, dass nach wie vor viele Patient*innen mit Herzinfarkt nicht optimal versorgt werden, weil sie in Kliniken ohne Herzkatheterlabor eingeliefert werden. Besonders ausgeprägt war dieses Problem in jenen 368 Kliniken, die 2022 weniger als 25 Fälle behandelten – nNur jede fünfte verfügte über ein Herzkatheterlabor. Bei schweren Herzinfarkten sollte aber möglichst innerhalb von 90 Minuten eine Herzkatheter-Behandlung erfolgen.
„Ganz offensichtlich gibt es in einigen Bundesländern nach wie vor große Probleme bei der Steuerung der Patien*tinnen in die geeigneten Kliniken, denn eigentlich haben wir in Deutschland keinen Mangel an Herzkatheterlaboren“, betonte Christian Günster. „Das ist ein andauerndes Problem, das eindeutig planerisch gelöst und im Rahmen der Krankenhausreform endlich angepackt werden sollte“, so Günster.
Fallzahlen gehen zurück – Ambulantisierung erfährt kräftigen Schub
Eine aktuelle Analyse des WIdO zur jüngsten Entwicklung der Fallzahlen macht deutlich, dass die Reform auch aus wirtschaftlichen Gründen dringend erforderlich ist. So wurden 2023 in deutschen Krankenhäusern knapp 14 % weniger somatische Fälle behandelt als vier Jahre zuvor. Besonders groß war der Einbruch der Fallzahlen (-20 %) bei den „ambulant-sensitiven Diagnosen“ – also bei Erkrankungen, die nicht zwingend im Krankenhaus behandelt werden müssten. Hier hat die Pandemie offenbar die gebotene stärkere Ambulantisierung von Leistungen bereits befördert. Dies weise laut WIdO deutlich auf die großen Ambulantisierungs-Potenziale für die Zukunft hin.
Aspekte der anstehenden Strukturreformen
Der Krankenhaus-Report, der jährlich als Buch und als Open-Access-Publikation erscheint, hat 2024 das Schwerpunktthema „Strukturreform“. Die Analysen zeigen Handlungsansätze für den aktuellen Reformprozess auf. Unter anderem thematisiert der Report bisherige Reformerfahrungen aus der Schweiz und aus NRW und zeigt verschiedene Möglichkeiten und Elemente für eine Neustrukturierung der Krankenhauslandschaft auf – sowohl im Bereich der qualitätsorientierten Planung als auch im Bereich der Vorhaltefinanzierung. Zudem beleuchtet dder Report das Thema Ambulantisierung und Fragen der Nachhaltigkeit im Kliniksektor.
Originalpublikation:
Jürgen Klauber, Jürgen Wasem, Andreas Beivers, Carina Mostert, David Scheller-Kreinsen (Hg.): Krankenhaus-Report 2024. Strukturreformen. Springer Berlin, Heidelberg 2024. https://doi.org/10.1007/978-3-662-68792-5