Land OÖ startet Pflegekampagne: „Weil Du entscheidest, was Du bewirkst.“

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Der Wettbewerb um junge Menschen am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ist groß. Herausforderung für alle Spitalsträger ist es daher, junge Menschen für einen Pflegeberuf zu interessieren, um ausreichend qualifizierten Nachwuchs zu sichern.

 

Jetzt haben alle Oö. Spitalsträger und die FH Gesundheitsberufe OÖ eine gemeinsame Image- und Infokampagne zur Bewerbung der vielfältigen Berufswege in der Pflege gestartet.

 

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Alle ziehen an einem Strang für diese Kampagne (v.l.n.r.): Mag. Michael Aiglesberger, BScN (Schulleiter Ordensklinikum Linz BHS), Mag. Karl Lehner (gespag), Oö. Gesundheits- und Bildungslandesrätin Mag. Christine Haberlander,  , Mag. Dr. Elgin Drda (Kepler Universitätsklinikum), MMag. Bettina Schneebauer (FH Gesundheitsberufe OÖ.)

Fotos: gespag

 

In Oberösterreich gibt es derzeit rund 2.000 Ausbildungsplätze für alle Pflegeberufe – sowohl in den Zentralräumen Linz, Wels und Steyr, als auch an den regionalen Spitalsstandorten Kirchdorf, Freistadt, Rohrbach, Ried, Schärding, Braunau, Gmunden, Bad Ischl und Vöcklabruck.

Das Ausbildungsspektrum an den Schulen der Oö. Spitalsträger bzw. an der FH Gesundheitsberufe OÖ ist vielfältig:
• Bachelor-Ausbildung (6 Semester), seit 01. Oktober 2018 mit jährlich 340 Ausbildungsplätzen an der FH (siehe unseren detaillierten Bericht hier)
Gesundheitsberufe OÖ
• Pflegefachassistenz (2-jährige Ausbildung)
• Fach-Sozialbetreuung Schwerpunkt Altenarbeit inkl. Pflegeassistenz
(2-jährige Ausbildung)
• Pflegeassistenz (1-jährige Ausbildung)
• Postgraduale Spezialisierungen und Sonderausbildungen z.B. im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpflege oder in der psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflege
• Ausbildungen für medizinische Assistenzberufe
(z.B. OP- und Gipsassistenz, Röntgenassistenz, Pathologie,
Ordinationsassistenz, Desinfektionsassistenz)
• Berufsfindungspraktikum (9 Monate)

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Die Kampagne und ihre Botschaften

Die Kampagne wird erstmals im Rahmen der Berufsinformationsmesse „Jugend & Beruf“ in Wels präsentiert. Sie wird bis ins Jahr 2020 in mehreren Wellen verlaufen, ihr Schwerpunkt wird – der jugendlichen Zielgruppe entsprechend – auf Social-Media-Aktivitäten, aber auch im Printbereich liegen. Ebenso wird an den regionalen Ausbildungsstandorten um Interessierte geworben.

Botschaften der Kampagne sind:
o Vielfältigkeit der Bildungswege in der Pflege
o Flexibilität im Rahmen der Berufsausübung
o Arbeit mit Mehrwert
o Regionales Jobangebot

 

Kommentar

Zu wenig, zu spät – und zu billig

Selbstverständlich ist jede zielgerichtete Aktion besser als Nichtstun. Ob allerdings das abgegriffene Instrument derartiger  „Kampagnen“ überhaupt noch greift, darf auf Grund der Erfahrungen der letzten Jahre ernsthaft bezweifelt werden. Die Steigerung von Studienplätzen allein wird jedenfalls nicht reichen, um gegen die geballte Nachwuchsakquise der Wirtschaft – die ebenso händeringend nach Fachkräften in zahlreichen attraktiven Berufsfeldern sucht – bestehen zu können.

Einem jungen Menschen phrasenhaft zu suggerieren, dass er/sie als unerfahrene Berufseinsteiger(in) „etwas bewirken“ könne, erscheint mir fragwürdig und dürfte sich in der knallharten, von Personalmangel geprägten Berufsrealität sehr rasch als Illusion verflüchtigen. Zudem fehlen im Gesundheitssystem geeignete Anreiz- und Belohnungssysteme, wie sie in der Wirtschaft längst etabliert sind – etwa „Ideenbörsen“ mit konkreter Prüfung auf Umsetzbarkeit von Verbesserungsvorschlägen, um die Kreativität junger Mitarbeiter/innen aktiv anzuerkennen und zu fördern.

Ein weiterer wesentlicher Schwachpunkt ist das Entlohnungssystem: Während man den Spitalsärzten in den Vorjahren massive Gehaltssteigerungen um bis zu 30 Prozent(!) gewährt hat – um den geforderten EU-Standard zu erfüllen – erhalten die Pflegefachkräfte weiterhin nur mickrige Lohnzuwächse knapp oberhalb der Inflationsrate. Dass die „Menschenberufe“ der Pflege wie auch der sozialen Arbeit nach wie vor sträflich unterbezahlt sind, bleibt den mit Kampagnen-Slogans umworbenen Jugendlichen nicht verborgen. Auch das neue Bachelor-Studium ändert nichts an dieser Misere.

 

Fazit: Mit einer vergleichsweise kostengünstigen Kampagne werden die Bundesländer und Trägerorganisationen den Wettlauf um die besten Köpfe niemals für sich entscheiden können. Da müsste wohl auch ein kräftiger Ruck in den Lohntabellen „bewirkt“ werden, um das Ziel dieser Kampagne nicht vollends zu verfehlen.

Doch vielleicht ist gar nicht daran gedacht, deutlich mehr Geld als bisher in die Hand zu nehmen? Dann ist auch die (unausgesprochene, aber logisch zwingende) politische Konsequenz daraus klar: Die „diplomierte Pflege“ mit dreijähriger Grundausbildung bzw. BSc-Studium wird auf die erforderliche „Nährrate“ für Führungskräftenachwuchs, Lehre und Forschung massiv zurückgefahren. Und die eigentliche Pflege am Patienten bzw. Bewohner erledigen künftig die billigeren, kürzer ausgebildeten Assistenzberufe.

Doch auch diese werden deutlich besser zu entlohnen sein, um für die Jugendlichen – fernab des gefährlichen Helfersyndroms –  „attraktiver“ zu sein als ein „nine to five“-Bürojob ohne Wochenend- und Nachtdienste irgendwo im Handel, im Gewerbe oder in der Industrie.

Erich M. Hofer

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