Mit Frau Prof.(em.) Dr.phil. Dr. h.c. Ursula Lehr (91, Bild) ist eine der herausragendsten Frauen Deutschlands von uns gegangen. Als „Gerontologin der ersten Stunde“ und Familienministerin hat sie Pionierarbeit im wissenschaftlichen wie auch gesellschaftspolitischen Bereich geleistet und mit einem „neuen Bild des Alter(n)s“ einen Paradigmenwechsel im gesamten deutschsprachigen Raum angestossen und bis zuletzt konsequent weiter geführt. Sie verstarb am 25. April in Bonn.
Die herausragende Psychologin und Altersforscherin war eine leidenschaftliche Streiterin für die Würde des Alters und zudem eine Pionierin der Frauen- und Familienpolitik. Persönlichkeiten wie sie sind selten geworden. Umso mehr werden wir sie vermissen.
Auch die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen trauert um ihre langjährige Wegbegleiterin und ehemalige Vorsitzende: Mit ihrem unermüdlichen Engagement für ein aktives, engagiertes und möglichst gesundes Älterwerden prägte sie nachhaltig die Einstellung zu älteren Menschen in Deutschland. Als sie 1988 Bundesfamilienministerin wurde, war sie Wegbereiterin einer modernen Altenpolitik, die ältere Menschen nicht nur als Empfänger von sozialen Leistungen, sondern als aktiven Teil der Gesellschaft betrachtet. Der Paradigmenwechsel, der zur Einrichtung eines eigenen Seniorenministeriums ab 1991 führte, ist maßgeblich ihr Verdienst. Sie führte zudem die Altenberichterstattung ein – mit zwischenzeitlich acht Altenberichten.
Geboren wurde Ursula Lehr am 05. Juni 1930 in Frankfurt am Main. Dort und in Bonn studierte sie nach ihrem Abitur 1949 Psychologie, Philosophie, Germanistik und Kunstgeschichte. 1954 promovierte sie an der Universität Bonn, wo sie sich 1968 auch habilitierte. 1972 wurde sie auf den Lehrstuhl für Pädagogik und Pädagogische Psychologie an der Universität zu Köln berufen, 1976 kehrte sie als Professorin für Psychologie und Leiterin des Psychologischen Instituts an die Universität Bonn zurück.
Im Jahr 1986 – u.a. auch das Gründungsjahr unseres LAZARUS PflegeNetzWerks – nahm Ursula Lehr den Ruf der Universität Heidelberg auf den neu geschaffenen Lehrstuhl für Gerontologie an. Dort gründete sie das Institut für Gerontologie und etablierte Alternsforschung als wissenschaftliche Disziplin in Deutschland.
„Es kommt nicht darauf an, wie alt man wird, sondern wie man alt wird“
Ihr Zitat: „Es kommt nicht darauf an, wie alt man wird, sondern wie man alt wird“ lebt Ursula Lehr bis heute und ist damit auch für sehr viele Menschen beim eigenen Älterwerden ein Vorbild. Mit ihrer positiven Einstellung zum Altern verkörpert sie jene neue Generation der Senior*innen, die heute in fast allen Lebensbereichen aktiver und mobiler ist als früher.
„Mensch sein heisst, verantwortlich sein.“ (Antoine de Saint-Exupéry)
Prof. Dr. Frank Schulz-Nieswandt, Vorstandsvorsitzender des Kuratoriums Deutsche Altershilfe – KDA (Bild u.), würdigte in einem Videogruß zum 90. Geburtstag (2020) die enorme Bedeutung und den Ertrag der Forschung von Frau Prof. Lehr und dankte für ihren massgeblichen Beitrag zur Differenzierung der Altersbilder. „Wir danken Ihnen für den Reichtum der Erkenntnis, den Sie uns allen geschenkt haben“. In dankbarer und respektvoller Erinnerung hier nochmals als Abschiedsgruß: